Die Phlegräischen Felder unweit von Neapel kennen viele nicht. Dabei gelten sie als Supervulkan, der jederzeit ausbrechen kann. – Für Europa könnte es je nach Stärke der Eruption ungemütlich werden
Als ich zehn Jahre alt war, stand ich bei einem Italienurlaub am Rande des Vesuvkraters und schaute in den Kegel hinab. Einen Vulkan hatte ich mir irgendwie aufregender vorgestellt. Dieser hier wirkte jedenfalls friedlich und ungefährlich.
In letzter Zeit hören wir immer wieder von Vulkanausbrüchen. Auf La Palma zerstörte ein Lavastrom viele Gebäude. Und unweit von Tonga brach unter dem Meeresspiegel ein Vulkan aus, der einen Tsunami auslöste und die Inselrepublik mit Asche bedeckte.
Auch der Ätna spuckt mal wieder
Anfang Februar ist auch der Ätna auf Sizilien wieder ausgebrochen. Er ist Europas höchster aktiver Vulkan und bricht manchmal mehrfach im Jahr aus. Der Feuerschweif, den der Ätna dann in den Nachthimmel spuckt, sieht spektakulär aus.
Und dann gibt es in Italien ja noch Stromboli und Vulcano, die beiden aktiven Vulkane auf den Liparischen Inseln, nördlich von Sizilien. Der Stromboli brach zuletzt 2019 aus und der Vulcano ist bekannt für seine giftigen Gase, die permanent aus dem Boden aufsteigen.
Nicht der Vesuv ist Neapels größtes Problem
Und der Vesuv? Er gilt als Neapels Schicksalsberg und ist weltweit bekannt. Dabei lauert auf der anderen Seite Neapels, etwa 20 km vom Vesuv entfernt ein ganz anderes Kaliber. Es sind die Phlegräischen Felder, ein Supervulkan. Sie dehnen sich auf über 150 Quadratkilometern aus. Nicht ein großer Krater, sondern über 50 kleine. Der größte Ort der Region ist die Stadt Pozzuoli.
Vor etwa 40 000 Jahren hatte dieser Supervulkan seinen heftigsten Ausbruch. Die Auswirkungen müssen weit über die Grenzen des heutigen Italien spürbar gewesen sein. Es gibt sogar eine neue Hypothese die besagt: Dieser Ausbruch könnte der Anfang vom Ende der Neandertaler gewesen sein.
Und heute? Unter dem Areal der Phlegräischen Felder liegt eine gewaltige Magma-Kammer, die auch mit der des Vesuvs verbunden sein soll. Ihre Obergrenze wird in einer Tiefe von 5 km vermutet.
Was die Wissenschaftler, die den Bereich beobachten, aktuell besorgt, ist, dass sich in den letzten Jahren enormer Druck aufzubauen scheint. Dafür gibt es gleich drei Hinweise.
Drei Hinweise, dass es hier bald zum Ausbruch kommen könnte
- Die Zusammensetzung der hier aus dem Boden tretenden Dämpfe verändert sich. Der Anteil an Kohlenmonoxid hat deutlich zugenommen. Ein Zeichen dafür, dass sich der Boden aufheizt.
- Zudem hebt sich der Boden an mehreren Stellen der Phlegräischen Felder jährlich um mehrere Zentimeter.
- Und seit 2011 registrieren die Wissenschaftler immer mehr kleinere Erdbeben.
Wann der Vulkan ausbricht? Das kann in 100 Jahren sein … oder morgen. Ob die Menschen der Region im Falle eines größeren Ausbruchs die Chance hätten, evakuiert zu werden, wird bezweifelt.
Was passiert im Falle eines Ausbruchs?
So genannte pyroklastische Ströme, das ist ein Gaspartikelgemisch, das auch Vulkanasche und Gesteinsbrocken mit sich führt, würden sich mit hoher Geschwindigkeit über die Region wälzen. Eine Region, in der über 3 Millionen Menschen leben.
Je nach Größe des Ausbruchs vermuten Forscher, dass sich über halb Italien der Himmel verdunkeln würde. Je nach Windrichtung könnte die Aschewolke die Alpen überwinden. Der Flugverkehr in Europa käme zum Erliegen, schlimmer noch: Die Landwirtschaft stünde vor riesigen Problemen, und ja, auch das Klima würde beeinflusst. Eine Katastrophe also wie in einem Hollywood-Film. Mitten in Europa.
Bleibt zu hoffen, dass die Phlegräischen Felder und ihr kleiner Bruder, der Vesuv, noch möglichst lange so ruhig daliegen, wie ich es als 10-Jährige wahrgenommen habe.
Julia Meola